Die einzige Doppel-Chefin weit und breit
Sonja Wärntges hat sich in Männerwelten behauptet und führt als Doppel-Chefin die börsennotierte Immobilien-AG DIC Asset. Neuerdings sitzt sie auch im Fraport-Aufsichtsrat. Sie kann aber nicht nur als Managerin glänzen.
Von Thorsten Winter
Sie liebt es, während der Joggingtour am Main die am Himmel vorüberziehenden Flugzeuge zu beobachten. Sie liebt überhaupt den Frankfurter Flughafen, wie sie sagt. Sonja Wärntges hat sogar eine App auf dem Smartphone, die ihr zeigt, welche Flugzeuge gerade wohin unterwegs sind. Planespotting der anderen Art. Fortan kann sie ihrer Leidenschaft für die Fliegerei noch auf eine andere Art nachgehen. Denn der Flughafenbetreiber Fraport AG hat die 1967 geborene Ökonomin in seinen Aufsichtsrat geholt.
Der Laie könnte sich angenehmere Zeiten vorstellen für die Übernahme eines solchen Amts. Liegt die Fliegerei doch wegen der Corona-Pandemie darnieder. Doch Wärntges schreckt das nicht ab. Über genügend Management-Erfahrung verfügt sie jedenfalls. Zumal in vor allem von Männern geprägten Branchen wie der Luftfahrt. Wärntges leitet die an der Börse gelistete DIC Asset AG mit Sitz an der Neuen Mainzer Straße. Das allein macht die Wahl-Frankfurterin mit bayerischen Wurzeln zu einer Ausnahme weit und breit. Zudem zeichnet sie bei DIC als Doppel-Chefin, das Amt des Finanzvorstands bekleidet sie in Personalunion.
Erfolgreich in Männerwelten
Nach dem Abitur studierte Wärntges Mathematik und Wirtschaft. Danach ging sie zu einer Unternehmensberatung. Von dort warb sie ihr nächster Arbeitgeber ab. Wärntges wechselte zu einem Anlagenbauer mit den Konzernen MAN und Ingersoll Rand als Eigner. Zuerst kümmerte sie sich bei dem Hersteller von Kompressoren um das Rechnungswesen, dann stieg sie zur stellvertretenden Chefin auf. In einer Männerwelt. Ähnlich war das Umfeld beim Textilhändler C&A, bei dem sie erfolgreich mit an der Ertragswende arbeitete. 2011 schließlich ereilte sie der Ruf der DIC. Mit Häusern hatte sie zuvor schon bei C&A zu tun – dort war es um die Frage gegangen, in welcher Lage sich ein Objekt befinde und ob es dort tatsächlich dem Konzern dienlich sei.
Seinerzeit konnte Wärntges nicht ahnen, dass sie ein paar Jahre später zum „Kopf des Jahres“ in der Immobilienbranche gekürt werden sollte. Der Kursauftrieb der im S-Dax gelisteten DIC-Aktie 2019 von etwa neun auf 16 Euro begleitend zum Geschäftserfolg sprach für sich. Plötzlich war das Papier kein Langweiler mehr, sondern ein Überflieger. Nach dem Beginn der Corona-Krise musste aber auch DIC an der Börse zunächst merklich Federn lassen. Die Doppel-Chefin aber sagt: „Ich glaube an die Company“, wobei sie wortgleich eine Aussage aus dem vergangenen Frühjahr wiederholt. Sie fügt hinzu: „Mehr denn je.“
Dass sie die für ihre DIC-Anteile überwiesene Dividende in Aktien des Immobilien-Unternehmens getauscht hat, spricht für ihr Vertrauen. Die Kursverdoppelung seit März wiederum spiegelt das Vertrauen der Anleger in das Geschäftsmodell, namentlich die Vermietung eigener Gewerbegebäude einerseits und das Managen von Investment-Vehikeln rund um Immobilien andererseits. Sie habe nach dem Ausbruch der Pandemie keine Nacht schlaflos verbracht und blicke ganz positiv auf das laufende Jahr, hebt sie hervor.
Sonja Wärntges kann aber nicht nur als Managerin und mit der DIC auf dem Börsenparkett glänzen. Vielmehr muss sie sich auch auf dem Tanzparkett gewiss nicht verstecken. Mit ihrem Mann darf sie international für Deutschland antreten. Turniertanz leidet aber auch unter Corona, ebenso das geschätzte Fitness-Training. Und in der Dunkelheit am Main zu joggen, ist nicht wirklich ihre Sache. Aber bald bleibt es wieder länger hell. Dann lohnt sich auch für sie wieder die Lauftour mit dem Blick zum Himmel.
Quelle: FAZ.net / Rhein-Main-Zeitung